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Aus tiefer Not

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„Er ist tief gesunken.“ Diese Redewendung meint: Jemand ist ganz schön heruntergekommen. Jemand ist beim Nullpunkt angekommen. Jemand ist auf Grund gelaufen. Das kommt dem Wort „Tiefe“ in unserem Psalm recht nahe. An anderen Stellen im Alten Testament sind damit die Wassertiefe und die Meerestiefe gemeint.*

1. Die persönliche Situation des Beters.

Der Mensch in unserem Psalm empfindet sich als weit weg von Gott. Was ihn niederdrückt ist die Sünde. In Psalm 38,5 heißt es: „Meine Sünden gehen über mein Haupt; wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden.“ Was macht er? Er ruft seinen Gott an. Er bittet ihn, ihm sein Gehör zu leihen. Er bittet ihn, sein Flehen anzuhören. Auch wenn ein Mensch in einem Tief steckt: Gott sieht ihn. Gott hört ihn. Der Prophet Micha sagt: „Er (Gott) wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ Der Mensch soll seine Sünden loswerden, damit er wieder „Oberwasser“ bekommt. Gott selbst will an die Sünden, die er vergeben hat, nicht mehr denken. Er denkt, in den Tiefen des Meeres liegen sie genau richtig.

2. Die Situation des Beters vor Gott.

Der Mensch in unserem Psalm bittet Gott um Vergebung seiner Sünden. Sünde bringt in die Gottesferne. Vergebung bringt in die Nähe Gottes. Wenn Gott die Sünden anrechnen will, dann ist der Mensch tief in den roten Zahlen. Er kann nicht vor Gott bestehen. Er selbst kann diese Lage nicht auflösen. Aber Gott kann es und will es, wenn der Mensch sich an ihn wendet. Die Vergebung ist bei Gott und gibt es von Gott. Er bittet Gott um Vergebung, weil er vor Gott gesündigt hat. Ähnlich wie es König David in Psalm 51,6 ausdrückt: „An dir (Gott) allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, (reinige mich von meiner Sünde) auf dass du recht behaltest in deinen Worten und rein dastehst, wenn du richtest.“

Ziel der Vergebung in unserem Psalm ist nicht zuerst, dass der Mensch von seinen Sünden befreit ist, sondern: „ … dass man ihn (Gott) fürchte.“ Was ist damit gemeint? Zweck der Vergebung ist die Förderung der Gottesfurcht. Zum einen vermehrt sich die Zahl der Anbeter. Zum anderen wird hier weiter die ehrfürchtige Distanz des Menschen zu Gott deutlich. Die Vergebung Gottes ist nicht etwas Selbstverständliches, was mir zusteht. Sie wird nicht wie eine Schleuderware ausgeteilt und jeder hat so einfach Zugriff darauf. Der Mensch in unserem Psalm klagt die Vergebung nicht ein oder pocht hier auf sein Recht. Vergebung ist eine freie Gabe des heiligen Gottes. Nur in Ehrfurcht vor der Wirklichkeit des vergebenden Gottes kann ich die Vergebung erwarten.

3. Die Hoffnung des Beters auf Gott.

Die richtige Verhaltensweise des Menschen, der Gott fürchtet, ist das Harren und Hoffen. „Harren“, das bedeutet so viel wie Warten. Aber es ist eine besondere Art des Wartens. Nicht wie ungeduldig in einer Warteschlange vor einer Kasse. Oder wie ängstliches Warten auf eine ärztliche Diagnose. Ärgerliches Warten auf dem Bahnsteig, weil der Zug Verspätung hat. Verzweifeltes Warten auf Hilfe in Not.

„Harren“ ist etwas anderes. Harren, das ist Durchhalten. Das ist eine Mischung aus sehnsuchtsvollem Warten voller Vorfreude, aber auch Ängstlichkeit. Harren bezeichnet ein Warten, bei dem ich es fast nicht aushalten kann, bis endlich das kommt, worauf ich warte.“** Die Seele des Menschen in unserem Psalm wartet mehr als die Wächter auf den Morgen auf Gott. Es gab damals den Dienst der Nachtwache an der Stadtmauer. Da gab es zwischenzeitlich keine Ablösung. Der Wächter freute sich, wenn der neue Tag anbrach, dann war sein Dienst zu Ende. Ich kenne es selber auch: Wenn jemand krank ist, Schmerzen oder Angst hat, dann freue ich mich, wenn es wieder hell wird. Der Mensch in unserem Psalm rechnete, wenn der Morgen anbricht, mit Gottes Eingreifen und seiner Hilfe. In Psalm 46,6 heißt es: „Gott ist bei ihr drinnen (gemeint ist hier die „Stadt Gottes“ – Jerusalem), darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen.“ Es ist schön, wenn es auch im Leben wieder hell wird und Gottes Güte am neuen Tag wieder neu für uns da ist.

In unserem Psalm heißt es: „Er hofft auf sein Wort.“ Hier steht das hebräische Wort

דָּבָר – „dāḇār.“ Das meint das Wort, was Gott spricht und es geschieht so. Das Johannesevangelium beginnt damit, dass Jesus das menschgewordene Wort Gottes ist. Auch der letzte Satz des Psalms: „Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.“ weist schon auf Jesus hin. Denn so wird Jesus im Matthäusevangelium angekündigt: „Und sie (Maria) wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“ ***

Jesus ist der Erlöser und Heiland für Sünder. Jesus ist heruntergekommen und unter Ihre Lasten gegangen. Er will sie auch heute aufheben, damit Sie aus ihrem Tief herauskommen. Unser Psalm lehrt uns: Auf den Notschrei aus der Tiefe folgt eine zaghafte Anfrage, die angesichts der Sündhaftigkeit aller Menschen auf Vergebung und Gnade von Gott zu schließen wagt. Gott fürchten, heißt: Auf sein Vergebungswort warten. Und in gespannter Aufmerksamkeit dem Augenblick entgegensehen, in dem Gott die Vergebung schenkt. Der Psalm deckt in eindrücklicher Klarheit die Verhaltensweise des Menschen angesichts der freien Gnade Gottes auf. Er kann nur ausspähen auf das, was Gott tut. Dessen Wille soll geschehen. Man kann in diesem Psalm einen gewissen Weg des Psalmbeters erkennen: Aus dem anfänglichen Fürchten und Zagen wird im Laufe des Psalms ein getrostes Warten darauf, dass Gott hilft. Die Redewendung: „Hoffen und Harren hält machen zum Narren“ trifft hier nicht zu. Der Prophet Jeremia sagt uns: „Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.“ ****

* מָעֳמַק – maʽǎmāq – Tief, tief, verkriechen (Wassertiefe Ps 69,3+15;

Meerestiefe Jes 51,10)

** Kirchenrat Axel Ebert: „Harren“ – Impuls über ein wundervolles altes Wort.“

https://www.ekiba.de/journal/detail/nachricht/id/52140-harren-impuls-ueber-ein- wundervolles-altes-wort/?cb-id=142032

*** Mt 1.21

**** Klgl 3,26

Autor: Hartwig Schult


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1. Die persönliche Situation des Beters.

Der Mensch in unserem Psalm empfindet sich als weit weg von Gott. Was ihn niederdrückt ist die Sünde. In Psalm 38,5 heißt es: „Meine Sünden gehen über mein Haupt; wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden.“ Was macht er? Er ruft seinen Gott an. Er bittet ihn, ihm sein Gehör zu leihen. Er bittet ihn, sein Flehen anzuhören. Auch wenn ein Mensch in einem Tief steckt: Gott sieht ihn. Gott hört ihn. Der Prophet Micha sagt: „Er (Gott) wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ Der Mensch soll seine Sünden loswerden, damit er wieder „Oberwasser“ bekommt. Gott selbst will an die Sünden, die er vergeben hat, nicht mehr denken. Er denkt, in den Tiefen des Meeres liegen sie genau richtig.

2. Die Situation des Beters vor Gott.

Der Mensch in unserem Psalm bittet Gott um Vergebung seiner Sünden. Sünde bringt in die Gottesferne. Vergebung bringt in die Nähe Gottes. Wenn Gott die Sünden anrechnen will, dann ist der Mensch tief in den roten Zahlen. Er kann nicht vor Gott bestehen. Er selbst kann diese Lage nicht auflösen. Aber Gott kann es und will es, wenn der Mensch sich an ihn wendet. Die Vergebung ist bei Gott und gibt es von Gott. Er bittet Gott um Vergebung, weil er vor Gott gesündigt hat. Ähnlich wie es König David in Psalm 51,6 ausdrückt: „An dir (Gott) allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, (reinige mich von meiner Sünde) auf dass du recht behaltest in deinen Worten und rein dastehst, wenn du richtest.“

Ziel der Vergebung in unserem Psalm ist nicht zuerst, dass der Mensch von seinen Sünden befreit ist, sondern: „ … dass man ihn (Gott) fürchte.“ Was ist damit gemeint? Zweck der Vergebung ist die Förderung der Gottesfurcht. Zum einen vermehrt sich die Zahl der Anbeter. Zum anderen wird hier weiter die ehrfürchtige Distanz des Menschen zu Gott deutlich. Die Vergebung Gottes ist nicht etwas Selbstverständliches, was mir zusteht. Sie wird nicht wie eine Schleuderware ausgeteilt und jeder hat so einfach Zugriff darauf. Der Mensch in unserem Psalm klagt die Vergebung nicht ein oder pocht hier auf sein Recht. Vergebung ist eine freie Gabe des heiligen Gottes. Nur in Ehrfurcht vor der Wirklichkeit des vergebenden Gottes kann ich die Vergebung erwarten.

3. Die Hoffnung des Beters auf Gott.

Die richtige Verhaltensweise des Menschen, der Gott fürchtet, ist das Harren und Hoffen. „Harren“, das bedeutet so viel wie Warten. Aber es ist eine besondere Art des Wartens. Nicht wie ungeduldig in einer Warteschlange vor einer Kasse. Oder wie ängstliches Warten auf eine ärztliche Diagnose. Ärgerliches Warten auf dem Bahnsteig, weil der Zug Verspätung hat. Verzweifeltes Warten auf Hilfe in Not.

„Harren“ ist etwas anderes. Harren, das ist Durchhalten. Das ist eine Mischung aus sehnsuchtsvollem Warten voller Vorfreude, aber auch Ängstlichkeit. Harren bezeichnet ein Warten, bei dem ich es fast nicht aushalten kann, bis endlich das kommt, worauf ich warte.“** Die Seele des Menschen in unserem Psalm wartet mehr als die Wächter auf den Morgen auf Gott. Es gab damals den Dienst der Nachtwache an der Stadtmauer. Da gab es zwischenzeitlich keine Ablösung. Der Wächter freute sich, wenn der neue Tag anbrach, dann war sein Dienst zu Ende. Ich kenne es selber auch: Wenn jemand krank ist, Schmerzen oder Angst hat, dann freue ich mich, wenn es wieder hell wird. Der Mensch in unserem Psalm rechnete, wenn der Morgen anbricht, mit Gottes Eingreifen und seiner Hilfe. In Psalm 46,6 heißt es: „Gott ist bei ihr drinnen (gemeint ist hier die „Stadt Gottes“ – Jerusalem), darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen.“ Es ist schön, wenn es auch im Leben wieder hell wird und Gottes Güte am neuen Tag wieder neu für uns da ist.

In unserem Psalm heißt es: „Er hofft auf sein Wort.“ Hier steht das hebräische Wort

דָּבָר – „dāḇār.“ Das meint das Wort, was Gott spricht und es geschieht so. Das Johannesevangelium beginnt damit, dass Jesus das menschgewordene Wort Gottes ist. Auch der letzte Satz des Psalms: „Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.“ weist schon auf Jesus hin. Denn so wird Jesus im Matthäusevangelium angekündigt: „Und sie (Maria) wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“ ***

Jesus ist der Erlöser und Heiland für Sünder. Jesus ist heruntergekommen und unter Ihre Lasten gegangen. Er will sie auch heute aufheben, damit Sie aus ihrem Tief herauskommen. Unser Psalm lehrt uns: Auf den Notschrei aus der Tiefe folgt eine zaghafte Anfrage, die angesichts der Sündhaftigkeit aller Menschen auf Vergebung und Gnade von Gott zu schließen wagt. Gott fürchten, heißt: Auf sein Vergebungswort warten. Und in gespannter Aufmerksamkeit dem Augenblick entgegensehen, in dem Gott die Vergebung schenkt. Der Psalm deckt in eindrücklicher Klarheit die Verhaltensweise des Menschen angesichts der freien Gnade Gottes auf. Er kann nur ausspähen auf das, was Gott tut. Dessen Wille soll geschehen. Man kann in diesem Psalm einen gewissen Weg des Psalmbeters erkennen: Aus dem anfänglichen Fürchten und Zagen wird im Laufe des Psalms ein getrostes Warten darauf, dass Gott hilft. Die Redewendung: „Hoffen und Harren hält machen zum Narren“ trifft hier nicht zu. Der Prophet Jeremia sagt uns: „Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.“ ****

* מָעֳמַק – maʽǎmāq – Tief, tief, verkriechen (Wassertiefe Ps 69,3+15;

Meerestiefe Jes 51,10)

** Kirchenrat Axel Ebert: „Harren“ – Impuls über ein wundervolles altes Wort.“

https://www.ekiba.de/journal/detail/nachricht/id/52140-harren-impuls-ueber-ein- wundervolles-altes-wort/?cb-id=142032

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